Immer wieder werden Sie mit dem Thema „Gehaltsverhandlung“ konfrontiert, z.B. im Vorstellungsgespräch, beim Wechsel des Jobs, nach Ablauf der Probezeit, wenn Sie Ihr Gehalt nicht bei Vertragsunterzeichnung bereits verhandelt haben oder aber auch nach mehreren Jahren im gleichen Unternehmen.
Meine Erfahrung aus vielen Gesprächen meiner Karriere-Sprechstunde ist, dass es Menschen schwerfällt, sich selbst und ihre Dienstleistung gut zu verkaufen, sie fühlen sich wie ein Bittsteller. Ein Gehaltsgespräch bereitet ihnen im Vorfeld oftmals sogar regelrecht Bauchschmerzen. Oft hat es etwas mit dem eigenen Selbstwert zu tun.
Wie Sie erfolgreich Gehaltsverhandlungen führen
Wie Sie um ein Verhandlungsgespräch bitten
Da kaum ein Vorgesetzter auf Sie zukommen wird, um Ihnen freiwillig mehr Gehalt zu zahlen, muss die Initiative von Ihnen ausgehen. Bitten Sie ihn freundlich um ein 4-Augen-Gespräch z.B. mit der Begründung, dass Sie sich nach ihrer mehrjährigen Tätigkeit mit ihm über Ihre Gehaltsperspektiven unterhalten möchten. Fragen Sie nach einem konkreten Termin.
Passender Zeitpunkt
Wichtig ist der richtige Zeitpunkt. Wenn Sie erst kürzlich mit Ihrem Vorgesetzten gesprochen haben, sollten Sie den Turnus von mindestens 12 Monaten abwarten.
Befinden Sie sich oder Ihr Vorgesetzter aktuell in der Hochphase eines Projektes,
sollten Sie in jedem Fall erst danach auf ihn zugehen.
Gründe (z.B. Mehrwert)
Sie fragen sich, wie Sie Ihren aktuellen Marktwert definieren können und wie Sie Ihren Antrag auf mehr Gehalt begründen? Eine gute Vorbereitung ist alles. Erarbeiten Sie vorab, welchen Mehrwert Sie Ihrem Vorgesetzten bzw. dem Unternehmen bringen. In jedem Fall sollten Sie 3 Argumente vorbringen. Dies kann z.B. eine temporäre oder zukünftige Übernahme von mehr (Personal-)Verantwortung sein. Evtl. agieren Sie inoffiziell seit einiger Zeit als sein Stellvertreter und verdienen trotz größerer Verantwortung das gleiche Gehalt wie Ihre Kollegen, sind oder fühlen sich also „unterbezahlt“. Vielleicht werden Unternehmensbereiche zusammengefasst und Ihr Arbeitsgebiet erweitert sich. Oder aber Sie werden befördert, vllt. sogar von einem Wettbewerber oder Personalberater abgeworben.
Welche Wortwahl?
Nachdem Sie Ihre Begründungen erarbeitet haben und sich gut vorbereitet fühlen, gilt es, die richtige Wortwahl zu treffen. Mit dem Begriff „Gehaltsanpassung“ anstatt „Gehaltsverhandlung“ begründen Sie bereits indirekt, dass Sie nicht nur mehr Geld verdienen möchten, sondern Ihr Antrag auch berechtigt ist. Z.B. „Aufgrund der Mehrverantwortung in meinem Arbeitsgebiet möchte ich im kommenden Jahr 8 % mehr Gehalt verdienen“. Das klingt sehr entschlossen. Aufgrund Ihrer guten Vorbereitung sind Sie in der Lage, dies zu begründen.
Definition Ihres Marktwertes
Recherchieren Sie: Wieviel verdienen andere Mitarbeiter im Markt in der gleichen Position? Selbstverständlich ist Ihr Bruttogehalt von mehreren Umständen wie Größe des Unternehmens abhängig, z.B. Konzern oder Mittelstand oder Kleinunternehmen, von Mitarbeiteranzahl und natürlich von Ihrer Branche. In der Regel zahlt ein Konzern mehr Gehalt als mittelständische und kleine Unternehmen. Auch die wirtschaftliche Lage ist ein Punkt, der eine Rolle spielt.
Gut zahlende Branchen sind Pharma, Chemie, Maschinenbau, Finanzen, Energie und IT. Speziell in der IT herrscht Fachkräftemangel. Es gibt also mehr Vakanzen als Bewerber oder Kandidaten, die von Unternehmen händeringend gesucht werden. Sollten Sie als Informatiker oder Programmierer einen neuen Job suchen, können Sie sich Ihren Job aussuchen und verfügen über eine sehr gute Ausgangslage in der Gehaltsverhandlung.
Minder gut zahlende Branchen sind der Handel, speziell der Einzelhandel, Jobs im sozialen Bereich, in der Bildung, im Tourismus und in der Gastronomie. Wobei letztere Branche, u.a. durch Corona und den Weggang vieler Fachkräfte in andere Branchen, kaum gut qualifizierte Fachkräfte im Markt findet. Ganz oft schließen sie daher ihre „Lücken“ mit Aushilfskräften.
Hinsichtlich der Qualifikation unterscheidet man in unterschiedlichen Gruppen.
Ein Studium wiegt mehr als eine Ausbildung und unterscheidet sich im Gehalt mit einer Differenz von bis zu 20.000 € Brutto-Jahresgehalt, ein Master-Abschluss wiederum wird höher eingestuft als ein Bachelor-Abschluss. Große Gewichtung bei der Bewertung haben Fortbildungen und Zusatzqualifikationen. Es lohnt sich also, wenn Sie diesbezüglich Nachweise vorlegen können. Entscheidend ist selbstverständlich auch, ob Sie Berufsanfänger oder bereits erfahrene Fach- oder Führungskraft sind.
Informieren Sie sich zu Ihrer Branche im Internet, auf Vergleichsportalen und in Jobbörsen. Ganz sicher kann Ihnen ein Spezialist wie ein Personal- und Karriereberater die Frage beantworten. Wichtig ist eine realistische Einschätzung der gesamten Parameter, so dass Ihrem Wunsch auch entsprochen werden kann.
Wieviel Prozent können Sie beantragen?
Es kommt ganz auf Ihre individuelle Situation an. Deswegen gibt es auch nicht nur eine Antwort. In der Regel können Sie zwischen 3 % und 10 % beantragen. Ganz interessant wird es, wenn Sie abgeworben werden, dann liegt der Prozentsatz bei bis zu 20 %. Unternehmen verfügen immer über eine Gehaltsrange, die ihnen Spielraum bietet. Als Personalberaterin habe ich es oft erlebt, dass angeworbene Kandidaten ein externes Vertragsangebot mit guten Konditionen als Gelegenheit nutzen, um mit ihrem aktuellen Arbeitgeber zu verhandeln. Er wird sich sehr gut überlegen, ob er Sie ziehen lässt. Sie kennen das Unternehmen sehr gut, verfügen über eine hohe Kompetenz und sind eingearbeitet. Wenn Sie wechseln, entstehen erhebliche Kosten für Ihre Nachbesetzung.
Mögliche Alternativen anbieten
Sollte sich Ihr Gesprächspartner nicht auf Ihren Gehaltswunsch einlassen, haben Sie noch andere Trümpfe in der Hand, die Ihrem Arbeitgeber aufgrund von Steuerfreiheit entgegenkommen, z.B. Erfolgsprämien, Sonderurlaub, Home-Office oder ein Zuschuss zum Kraftstoff.
Sonderleistungen
Zu Sonderleistungen zählen u.a. das Weihnachts- und Urlaubsgeld, die betriebliche Altersvorsorge, geldwerte Vorteile wie Firmen-PKW auch zur Privat-Nutzung und Bonuszahlungen.
Netto oder Brutto
Ihrem Gesprächspartner steht ein bestimmtes Budget zur Verfügung, in dessen Rahmen er seine Entscheidungen trifft. Bei der Gehaltsverhandlung gehen Sie bitte immer vom Brutto-Jahresgehalt aus.
Ihre Verhandlungsführung
Gehen Sie selbstbewusst in Ihr Gehaltsgespräch. Sie haben sich vorbereitet und können Ihren Antrag auf Gehaltsanpassung begründen. Es gibt also keinen Grund dafür, dass Sie sich in gebückter Haltung als Bittsteller an den Verhandlungstisch setzen.
Nennen Sie Ihren „Preis“, also Ihren Gehaltswunsch in Form eines ungeraden Betrages, den Sie für angemessen halten, z.B. 58.550 € anstatt 60.000 €. Dies zeigt Ihrem Gegenüber, dass Sie sich auf Ihr Gespräch gut vorbereitet haben und Ihren Wert genau kennen. Gehen Sie bei der Höhe davon aus, dass Ihr Verhandlungspartner versucht diesen zu reduzieren. Nennen Sie keinen utopischen Bruttobetrag, dies würde Ihre Verhandlungsbasis unnötig erschweren oder gar aussichtslos machen.
Im ersten Schritt nennen Sie den Betrag, den andere vergleichbare Fach- oder Führungskräfte in der gleichen Branche, Unternehmensgröße usw. verdienen. Dann nennen Sie von diesem Betrag ausgehend ein etwas reduziertes Wunschgehalt, welches Sie für angemessen halten. Damit wahren Sie Ihr Gesicht und signalisieren Ihrem Verhandlungspartner, dass Sie kompromissbereit sind.
Sollte Ihr Verhandlungspartner einen viel niedrigeren Betrag nennen, zeigen Sie sich erstaunt. Meist besteht noch Spielraum und vllt. können Sie sich in der goldenen Mitte einigen.
Kennen Sie die JA-Straße?
Die neurolinguistische Programmierung (NLP) sagt aus, dass Verkaufsgespräche eher zum Abschluss kommen, wenn Ihr Gesprächspartner mehrfach mit JA antwortet. Dies können Sie in der Einleitung (Warm up) bereits praktizieren. Stellen Sie Fragen zu positiven Ergebnissen, z.B. einem erfolgreich abgeschlossenen Projekt oder Ereignissen/Erlebnissen wie den letzten Familienurlaub, die er in jedem Fall mit JA beantwortet. Man nennt dies „konditionieren“. Ferner geht es darum, eine möglichst angenehme Gesprächssituation herzustellen.
SCHWEIGEN ist GOLD
Sie kennen die Situation vllt. auch aus Gesprächen, in denen Sie im privaten Bereich etwas „aushandeln“ wollen. Teilen Sie konkret Ihre Vorstellung mit und schweigen Sie anschließend bis sich Ihr Gegenüber dazu äußert. Wer viel redet, wird nicht unbedingt sein Ziel erreichen.