Existenzängste im Job
Was sind Existenzängste
Angst ist grundsätzlich ein Hinweis auf eine Gefahrensituation und daher ein „sinnvolles“ Gefühl. Begegnet uns in der Wildnis ein Löwe, ist die Angst legitim. Wenn jedoch existentielle Ängste unser tägliches Leben bestimmen und einschränken, steht dies nicht mehr im Verhältnis, man spricht von einer Angststörung.
Während früher unter dem Begriff „Existenzangst“ der Überlebenskampf im Krieg oder bei Krankheiten verstanden wurde, bezieht er sich heute eher auf die finanzielle Angst, z.B. den möglichen Verlust des Arbeitsplatzes durch Insolvenz / eine Restrukturierungsmaßnahme des Arbeitgebers oder der Mangel an Aufträgen bei Selbstständigen / Freiberuflern aufgrund einer wirtschaftlich desolaten Situation.
Alleinerziehende, Menschen mit befristeten Jobs und chronisch Erkrankte gehören ebenso zu der Zielgruppe der „Angst-Patienten“ vieler Therapeuten.
Existenzangst bestimmt oft das komplette Leben, lässt keine Freude mehr zu, positive Emotionen finden keinen Raum mehr. Sorgen und Zweifel machen sich breit, eine realistische Einschätzung der Situation ist nicht mehr möglich. Selbst wenn es aktuell „keinen begründeten Anlass“ zur Existenzangst gibt, nimmt sie einen großen Raum ein. Symptome sind oft Schlaflosigkeit und Depressionen, sogar Angst- und Panikattacken. Die Psyche unterscheidet nicht mehr zwischen Realität und möglicher Gefahr.
Ja, der Verlust des Arbeitsplatzes bzw. die mangelnde Auftragslage können finanzielle Schwierigkeiten bedeuten, z.B. die Finanzierung des Studiums der Kinder, die Kündigung oder die Abzahlung der Wohnung oder des Hauses. Das ganze Leben könnte gefühlt von heute auf morgen aus den Fugen geraten.
Auch die Angst um den Verlust der sozialen Anerkennung in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis oder im Rotary-/Lions-Club, sind mir aus vielen Gesprächen mit meinen Cochees in meiner Karrieresprechstunde bekannt.
Diese Angst lähmt und blockiert und lässt oft keine Freude mehr im Alltag zu, verhindert sogar einen klaren Kopf, um Strategien zu entwickeln.
Existenzängste durch Erfahrung
Was wir für uns aufarbeiten, müssen unsere Kinder nicht mehr tun
Alles nur Einstellungssache?
Es gibt Menschen, die grundsätzlich positiv denken und über eine ausgeprägte Resilienz verfügen. Sie werden sich immer leichter tun, eine Situation anzunehmen und mit ihr umzugehen, als Menschen, die eher ängstlich sind. Sie überlegen sich sofort eine „Überlebensstrategie“ und werden aktiv.
Menschen, die weniger positiv denken, neigen dazu, die Dinge eher „schwarz zu malen“, sich sozusagen am WORST-CASE-Szenario zu orientieren. Sie spüren ein Gefühl der Machtlosigkeit, haben Angst ALLES zu verlieren, was sie sich erschaffen haben. Die gedankliche Abwärtsspirale kann bis zu Panikattacken führen, die ohne Hilfe eines Therapeuten irgendwann die Lebensqualität stark vermindert.
Raus aus dem Teufelskreis
Der Weg ist kein einfacher, aber möglich, wenn Sie bereit dazu sind.
• Erkennen und akzeptieren Sie, dass Ihre Existenzangst ein Teil von Ihnen geworden ist
• Reflektieren Sie mit einer vertrauten Person oder einem Therapeuten, inwieweit Ihre Existenzangst Berechtigung findet
• Analysieren Sie die Gründe für Ihre Existenzangst und halten Sie diese schriftlich fest
• Fragen Sie sich, was schlimmstenfalls passieren kann
• Erarbeiten Sie Strategien für das „WORST-CASE-Szenario“
• Entwickeln Sie realistische Lösungen
• Werden Sie sich bewusst, dass es kaum eine Situation gibt, die Sie nicht beeinflussen können
• Betrachten Sie den Verlust eines Arbeitsplatzes als neue Chance
• Denken Sie daran, dass jeder Mensch in Ihre Situation kommen kann
• Pflegen Sie Ihre sozialen Kontakte
• Werden Sie sich Ihrer Werte, Talente, Potentiale und Ihres Netzwerkes bewusst
• Gehen Sie in der Kommunikation offen um
• Planen Sie Ihr Leben, so wie Sie es sich wünschen
• Legen Sie Ihren Fokus auf Lösungen, nicht auf Ihre Ängste
Oft spürt der Betroffene schon Erleichterung, wenn er seine Existenzängste mit vertrauten Personen kommuniziert und gemeinsam reflektiert.
Was denken Sie?
Kann das bedingungslose Grundeinkommen Linderung schaffen?
In Finnland wurde das Experiment gestartet. In 2017-2018 haben eine Anzahl von 2.000 Menschen monatlich 560 € erhalten, die nicht zu versteuern waren und an keine Bedingungen geknüpft waren. Man wollte untersuchen, ob das Grundeinkommen Verdienstunterschiede verringert und ob das Sozialsystem damit entlastet wird, vor allem aber, ob die Motivation steigt, Jobs anzunehmen.
Das wirtschaftliche Resumée:
Es hat sich nicht, wie erhofft, auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt.
Die positive Erkenntnis aus dem Experiment:
eine Verbesserung der psychischen und körperlichen Gesundheit der „Probanden“.
Ängste während Corona
Gerade während Corona hat sich die Anzahl der Menschen mit Existenzängsten eklatant multipliziert. Der Grund dafür primär: das Gefühl, eine Situation nicht mehr aus eigener Kraft beeinflussen zu können.
Zu dieser Zeit hatten bei vielen Menschen allerdings nicht nur die Existenzangst, sondern auch die Angst vor Krankheit und dem Verlust des eigenen Lebens oder das von Familienmitgliedern, Bekannten und Freunden eine große Rolle gespielt.
Viele Existenzen wurden trotz staatlicher Förderungen zerstört.
Auch die Teuerung an Lebenshaltungskosten aufgrund des Ukraine-Krieges lösen bei vielen Menschen berechtigterweise Existenzängste aus und diese sind real und begründbar, da hilft auch nicht der beste Therapeut.
Existenzangst verliert nicht unbedingt an Kraft, nur weil sie auch viele andere Menschen betrifft.